Die (geheime) Wirkung von indirekten Suggestionen, Teil 1

Ich werde nun den Vorhang lüften und die sprachlichen Geheimnisse der indirekten Suggestionen offen legen. Da es sehr viele davon gibt, besteht dieser Artikel aus zwei Teilen. Sonst wird es zu viel auf einmal. Teil 2 erscheint im nächsten Newsletter.

Indirekte Suggestionen sind sehr wirksam. Es werden dabei bestimmte Sprachmuster verwendet, die dazu führen, dass Menschen in Trance gehen. Das geschieht so trickreich, dass es bewusst gar nicht merkbar ist, aber unser Unterbewusstsein reagiert dennoch darauf. 
Diese indirekten Sprachmuster werden ständig eingesetzt, bewusst und gezielt in der Werbung, von politischen Parteien, aber auch in der Lebensberatung zum Wohle der Klienten.
Aber auch unbewusst werden sie ständig eingesetzt, vollkommen ungezielt, meist ungewollt.
Will man sich dagegen wehren, steht man vor einer Herausforderung:  diese Sprachmuster sind nicht so leicht als Suggestionen zu erkennen. 
Merke: wenn Sie in der Lage sind, indirekte Suggestionsmuster zu erkennen und zu identifizieren, dann können Sie selbst entscheiden, ob Sie die dahinter stehenden Beeinflussungen akzeptieren oder ablehnen. Wenn nicht, sind Sie diesen mehr oder weniger hilflos ausgeliefert und werden manipuliert, ohne es zu merken!

Indirekte Suggestionsmuster Nr. 1: „Einfache Verbindung“

Zwei voneinander unabhängige Sätze werden miteinander verbunden. Der erste Satz bezieht sich auf etwas, das bereits auftritt, der zweite Satz bringt etwas ein, das der Sprecher herbeiführen möchte. Einfache Verbindung mittels …und…

… Du kannst mir zuhören und beginnen, dich zu entspannen …

Suggestionsmuster Nr. 2: „Eingebettete (versteckte) Befehle“

Statt direkter Instruktionen, werden die Anweisungen in ein längeres Satzgefüge (z.B. eine indirekte Rede, oder eine Frage) eingebunden. Damit wirken sie viel behutsamer und gefälliger. Der Zuhörer nimmt gar nicht bewusst wahr, dass ihm Anweisungen gegeben wurden.

…  ich frage mich, ob du weißt wie es ist, einzuschlafen …
und ich sage nicht: „fühl dich wohl!“, denn
…  als er dann sagte: „jetzt gehst du in Trance, merkte ich: „ es passiert jetzt“…
und ich glaube, bald spürst du: „es geht dir besser“ …
das Kind träumt vielleicht von einer Stimme, die flüstert: „schließe deine Augen“ …

Suggestionsmuster Nr. 3: „Fehlender Bezugsindex“

Das sind Bemerkungen, bei denen unklar bleibt, auf wen sie sich beziehen. Der Satzgegenstand, zu dem der Satz eine Aussage macht, ist nicht spezifiziert. Der Hörer möchte den Satz gerne verstehen. Aber es gibt keine Information, auf wen sich der Satz bezieht. Dadurch ist der Hörer verleitet zu glauben das er selbst gemeint ist.

… und man kann lernen …
… man kann sich entspannen …
… das kann man leicht erkennen …
… es ist leicht, tiefer zu gehen…

Suggestionsmuster Nr. 4: „Gedankenlesen“

Man behauptet, die Gedanken oder Gefühle eines anderen zu kennen, ohne anzugeben, woher oder wodurch. Man verhält sich so, als ob man über das innere Erleben des Klienten Bescheid wüsste. Dadurch wird unsere Glaubwürdigkeit gefestigt.
Dabei muss man allerdings bei sehr allgemein gehaltenen Formulierungen bleiben, sonst besteht die Gefahr, dass man etwas sagt, was im Widerspruch zum Erleben des Zuhörers führt.

… voller Erwartung bist …
… und während du dich immer wohler fühlst, wirst du etwas Bestimmtes bemerken …
… und du fragst dich vielleicht, wie es sein wird, wenn du dein Ziel erreicht hast…
… und du weißt vielleicht noch nicht, woran du erkennen wirst…
… du möchtest gern mehr erfahren …

Suggestionsmuster Nr. 5:
„Generalisierungen, Verallgemeinerungen“

Hier geben wir einer Aussage, die eigentlich auf eine spezielle Situation bezogen sein sollte, einen Bezug auf eine größere Dimension. Wir verwenden Wörter wie:
  … man, … wir alle, … immer, …  jederzeit, … jeder Mensch, 
auch: die Ausländer, die Ärzte, die Amerikaner, …

 … alles was du je gelernt hast kannst du nutzen …
… wir alle wissen, dass es gut ist, zu entspannen …
… wenn du es einmal gelernt hast, steht es dir immer zur Verfügung …
… auf der ganzen Welt weiß man, dass …
… die Menschheit …

Suggestionsmuster Nr. 6: „Kausale Verknüpfungen“

Voneinander unabhängige Aussagen werden durch die Angabe verknüpft, dass eine Sache eine andere verursacht. Die Verknüpfungen geschehen mithilfe der Wörter weil ,  bewirken ,  verursachen , während, sobald, nachdem, etc.
Wir benutzen Wörter, die eine Ursache-Wirkung-Beziehung implizieren, und zwar zwischen etwas, das bereits der Fall ist und etwas anderem, das wir als Suggestionsgeber beabsichtigen.

Kausale Verknüpfungen können folgendermaßen gebildet werden:

  1. Bestimme das Verhalten B, das beim Klienten hervorgerufen werden soll
  2. Identifiziere ein Verhalten A, das der Klient bereits ausführt
  3. Formuliere einen Satz , durch den man den Eindruck hat, A verursacht B

wenn du dich in deinen Stuhl zurücklehnst, wirst du in eine tiefe Entspannung gehen …
… dein Nicken wird bewirken, dass du dich weiter entspannst …
… wenn du weiteratmest, wird jedes Ausatmen dich weiter und weiter entspannen …
… wenn deine Hand dein Gesicht berührt, wird das einen Zustand tiefer Entspannung auslösen …
… in dem Ausmaß, wie deine Atmung sich langsam verändert, wirst du dir der besonderen Empfindungen in deinen Fingern und deiner Hand bewusst werden

Suggestionsmuster Nr. 7: „Komplexe Äquivalenz“

Zwei voneinander unabhängige Aussagen werden einander in ihrer Bedeutung gleichgesetzt. Das bedeutet: wenn das eine zutrifft, stimmt auch das andere. Also:  A = B

… Dein Atem ist ruhig und regelmäßig, und das bedeutet, dass du dich bald sehr wohl fühlen wirst…
… Du kannst denken, also kannst du lernen…
… und da wir alle träumen können, ist es uns möglich, in Gedanken eine Reise anzutreten 
… etwas Neues zu lernen bedeutet auch loszulassen, was jetzt nicht mehr sinnvoll ist…
… so wie du selbst entscheidest, was du sagst, kannst du auch selbst entscheiden, was du denkst …
… auf die Qualität deiner Gedanken zu achten bedeutet auch auf deine Gefühle zu achten …

Suggestionsmuster Nr. 8: „Konversationelle Postulate“

sind Ja/Nein-Fragen,  die statt einer Antwort eine gewünschte Reaktion bewirken.

… kannst du bitte selbstständig in Trance gehen, ich komme gleich nach …
… ist dein Handy ausgeschalten? …
… kannst du mir sagen, wie spät es ist? …
… darf ich Sie um etwas Aufmerksamkeit bitten? …

Suggestionsmuster Nr. 9: „Mehrdeutigkeiten (Ambiguitäten)“

Mehrdeutigkeit entsteht, wenn ein Satz, Satzteil oder Wort mehr als eine mögliche Bedeutung hat. Mehrdeutigkeiten sind wichtige Instrumente, um eine leichte Verwirrung und Desorientierung zu bewirken. Diese können beim Erreichen veränderter Bewusstseinszustände sehr hilfreich sein. Um es einmal möglichst kompliziert auszudrücken:
Es gibt

  • Phonologische Mehrdeutigkeiten,
  • syntaktische Mehrdeutigkeiten (werden später noch genauer beschrieben)
  • Satzbezugs-Mehrdeutigkeiten
  • und Interpunktions-Mehrdeutigkeiten

Oft treten Ambiguitäten in Kombination mit Verletzungen der grammatischen Wohlgeformtheit auf.

 … du liegst am Strand und freust dich über das Meer (Mehr) an Möglichkeiten…
   … der Besuch von Bekannten … – (werden die Bekannten besucht oder besuchen die Bekannten jemanden?)
 … die Berührung des Mannes … – (wird er berührt oder berührt er jemanden?)
… und du hörst, meine Stimme wird immer tiefer gehst du in dich…

Suggestionsmuster Nr. 10: „Modaloperatoren“

Das sind Wörter, die Möglichkeiten oder Notwendigkeiten angeben.
Zum Beispiel: müssen, dürfen, können, erlaubt sein, nicht müssen, brauchen, usw.

… du musst das gar nicht beachten …
… es ist nicht notwendig, die Augen zu öffnen …
… es ist möglich, mit offenen Augen in Trance zu gehen …
… du könntest über dich lernen …
erlaube dir selbst zu lächeln …
… du brauchst jetzt nicht zu sprechen …

Teil 2 mit weiteren indirekten Suggestionen folgt im nächsten Newsletter.

 

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