Kalibrieren bedeutet, sich einzuprägen, welche Physiologie ein Mensch in einem bestimmten mentalen Zustand zeigt. Einfacher ausgedrückt:
Wenn Otto zufrieden ist
- Welchen Gesichtsausdruck hat er dann? Zieht er die Augenbrauen hoch? Mund geöffnet oder geschlossen? Wie weit hat er die Augen geöffnet?
- Welche Körperhaltung nimmt er ein? Brust raus Bauch rein? Blick nach oben?
- Wie klingt seine Stimme? Spricht er laut oder leise, viel oder wenig?
- Welche Wörter oder Ausdrucksweisen verwendet er
- Wie schnell spricht er, wovon spricht er?
- Bewegt er sich, oder sitzt er regungslos da?
- Wie tief atmet er?
- Pulsschlag schnell oder langsam, deutlich wahrnehmbar oder nicht zu bemerken?
- Gesichtsfarbe?
- Schwitzen?
…und so weiter und so fort….Kurz und gut, was können wir an Otto wahrnehmen wenn er glücklich, traurig, wütend, unsicher, etc…ist?
Je nach Gemütszustand wird Otto etwas anders aussehen. Wenn wir darauf achten und es uns merken, dann sprechen die NLPler und die Hypnotiker von „Kalibrieren“.
Wer gut kalibriert, kann fast schon Gedanken lesen, oder, besser gesagt, Emotionen lesen.
Das ist natürlich sehr nützlich, der Hypnotiseur kann dadurch erkennen, wie seine Suggestionen beim Hypnotisanden ankommen und abschätzen, wie tief er in Trance ist.
Ein Coach nutzt es um festzustellen, ob seine Intervention erfolgreich war, ob sein Klient vielleicht ein „Aha“-Erlebnis hat, ob er eine ungünstige Überzeugung des Klienten ins Wanken gebracht hat, und natürlich ob es dem Klienten durch sein Zutun besser, oder schlechter geht.
Ein Pokerspieler versucht durch Kalibrieren herauszufinden, welches Blatt seine Mitspieler haben, der Revolverheld im Wilden Westen kalibriert den Moment, in dem sein Gegner den Colt zieht.
Auch Richter kalibrieren, um zu sehen, ob der Angeklagte die Wahrheit sagt, oder lügt.
Das Kalibrieren ist eigentlich etwas, das wir ständig tun, nur achten wir nicht darauf, daher ist es uns nicht bewusst. Es ist eine natürliche Fähigkeit, die wir Menschen besitzen, und es lohnt sich, diese durch Training zu verbessern.
Übrigens, nicht nur Menschen kalibrieren; in seinem Buch „Wie wirklich ist die Wirklichkeit“ erzählt Paul Watzlawick von einem Pferd, dessen Besitzer (ein Lehrer) ihm unbedingt das Rechnen beibringen wollte. Nach einigen Jahren hatte er es geschafft, der Gaul konnte scheinbar einfache Rechnungen (zB. 19 – 4 =…) lösen. Jahrelang konnte man keine Erklärung dafür finden, außer der Lehrer, der ja wusste, dass es seine großartige Pädagogik war, mit der er sein Pferd unterrichtet hatte. Bis man irgendwann endlich dahinter kam, dass das Pferd einfach den Zustand seines Lehrers kalibrierte, wenn dieser an die Lösung dachte. Pferde haben eine derartig hochentwickelte Beobachtungsgenauigkeit, dass sie den Unterschied erkennen können, wenn ein Mensch an die Zahl 15 oder 21 denkt. Klingt unglaublich, was? Aber Prof. Paul Watzlawik beschreibt das so, und deswegen stimmt’s vermutlich auch.
Jedenfalls können auch wir Menschen uns im Kalibrieren üben, und das zum Beispiel auf folgende Art und Weise:
Veränderung sehen
Schau dir deinen Übungspartner genau an. Merke dir sein Aussehen und schließe dann die Augen. Jetzt soll er etwas an seiner Haltung verändern. Dann öffnest du die Augen und versuchst die Veränderung zu erkennen. Je geübter du bist, desto geringer kann/können die Veränderung(en) sein.
Zustand sehen
Bitte deinen Partner an einen einen Menschen zu denken, den/die er sehr gerne mag. Beobachte ihn dabei genau. Kalibriere ihn dabei genau.
Dann bitte ihn, an einen anderen Menschen zu denken, den er nicht besonders mag. Wieder kalibrierst du ihn genauestens dabei.
Nun bitte deinen Partner an den Menschen zu denken, der der/die größere (ältere) von beiden ist und versuche zu erkennen, ob es der 🙂 oder der 🙁 -Mensch ist. Nun übe mit anderen Vorgaben weiter. Längere Haare, größere Füße, etc…
Münzen hören
Schließe die Augen und bitte deinen Partner zwei Münzen zu nehmen und diese hintereinander in einen Teller fallen zu lassen, wobei er dir sagt, wann welche Münze fällt. Dann versuchst du es selbst zu erkennen, welche Münze gerade gefallen ist. Wenn du viele Treffer hast, kannst du noch weitere Münzen dazu nehmen.
Zustand hören
Setze Dich so hin, dass du deinen Partner nicht sehen kannst. Bitte ihn nun an einen Menschen zu denken, den er sehr gerne hat, und gleichzeitig dabei bis fünf zu zählen. Kalibriere nun genau die Lautstärke, Geschwindigkeit, Tonalität, usw. , achte auch auf die Veränderungen während des Zählens.
Nun das Gleiche mit einem Menschen, den er nicht leiden kann.
Nun bitte deinen Partner an denjenigen von beiden zu denken, den er länger nicht gesehen hat. Lasse ihn zählen und höre, an welchen von den beiden er denkt. Nun mach mit anderen Vorgaben weiter. Reicher, schöner, jünger, intelligenter, etc…
Natürlich gibts noch weitere Übungen dazu. Aber ich will ja hier nicht alles verraten!
Weitere Einsatzgebiete: Hellsehen, Hand- und Kaffeesudlesen, beim „Anbraten“ (deutsch: „Anbaggern“), im Verkauf, im Straßenverkehr, Schwergewichtsboxen, Bauernschnapsen, usw…..